Was verbirgt sich hinter dem respekteinflößenden Begriff der „Bundesvertretungen“ in der GÖD?
Selbstverständlich vertreten die Bundesvertretungen der GÖD nicht „den Bund“ schlechthin, sondern die Interessen von Arbeitnehmer:innen einzelner Berufsgruppen, wobei sich der Wirkungsbereich nicht auf einzelne Bundesländer, sondern auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt. Soweit, so logisch. Spannend wird es, sobald man sich auf die Suche nach den 27 Berufsgruppen begibt, die man in der Anzahl ebenso vieler Bundesvertretungen zu finden glaubt. Will man sich über die landläufig als „Lehrergewerkschaft“ bezeichnete Bundes-, Landes-, was auch immer-Vertretung für „die LehrerInnen“ informieren, indem man die Menüauswahl der Bundesvertretungen auf der Homepage der GÖD
bemüht, so muss man schon beim Scrollen Entscheidungen treffen, die so manche:n überfordern mögen: Pflichtschullehrer:innen, Berufsschullehrer:innen, Allgemeinbildende höhere Schule, Landwirtschaftslehrer:innen, Lehrer:innen, wonach genau soll ich jetzt suchen? Hüten Sie sich davor, auf „Unterrichtsverwaltung“ zu klicken, Sie werden dort keine Interessensvertretung für eine Lehrperson finden, die ihr Kind unterrichtet.
Ein bisschen übersichtlicher wir es bei der Justiz, wenn die Auswahl zwischen „Richter:innen und Staatsanwält:innen“, „Justizwachegewerkschaft“ und „Zivilbedienstete an Justizanstalten“ gewisse
Rückschlüsse zulässt, was aber verbirgt sich dann hinter „Justiz“, wenn es nicht alles zusammen ist?
Unterschiedliche Interessen?
Wenden wir uns einer überschaubaren Berufsgruppe zu, die zwei Bundesvertretungen zugeordnet ist, jener für das wissenschaftliche und künstlerische (BV 13) und jener für das allgemeine Universitätspersonal (BV 16), wobei letzteres früher die leichter zuordbare Bezeichnung „Verwaltungspersonal“ tragen durfte. Wir betreten hier das Terrain einer gewissen Logik insofern, als das Gesetz für beide Berufsgruppen zwei verschiedene Betriebsräte an den jeweiligen Universitäten vorsieht und die Verwendungstypen und Entlohnungsschemata im Kollektivvertrag unterschiedlich geregelt sind. Aber: Eben dieser Kollektivvertrag bringt es zuwege, diese Regelungen in ein normatives Vertragswerk zu gießen, was auf Interessensvertretungsebene vermeintlich unzumutbar sein soll? Bleibt der Blick auf die universitäre Praxis, die sich in den letzten beiden Jahrzehnten entwickelt hat: Die beiden Personalgruppen sind auf mannigfaltige Weise näher aneinandergerückt. Oft findet man hochqualifiziertes „Verwaltungspersonal“, welches auch für Lehr- und Forschungsaufgaben verwendet wird. Umgekehrt wird Lehrpersonal mit entsprechender Expertise für Verwaltungsaufgaben eingesetzt. Bei der Forderung nach ausreichender Universitätsfinanzierung sorgt der kumulative Begriff „Personalkosten“ in den Reihen der Rektorate und Universitätsräte für einheitliche, sorgenvolle Falten auf der Stirn, ohne jede Differenzierung hinsichtlich künstlerisch/wissenschaftlicher oder allgemeiner Herkunft. Im Rechnungsabschluss der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien etwa gibt es unter der Rubrik „Personalaufwand“ zwei Gruppen von Arbeitnehmer:innen, nämlich die Angestellten und die der Universität zugewiesenen Beamtinnen und Beamte. In der Liste der 21 Kategorien von Vollzeitäquivalenten findet sich ein einziges Mal der Begriff „Verwaltung“, während „allgemeines Personal“ im gesamten Rechnungsabschluss kein einziges Mal vorkommt. Man könnte den Eindruck bekommen, dass über diese Personengruppe bei Verhandlungen zu den Leistungsvereinbarungen niemals gesprochen wird.
Künstliche Trennung beseitigen
Was sollte das für die beiden universitären Bundesvertretungen der GÖD bedeuten? Zur elementaren Kernaufgabe der Vertretungstätigkeit der GÖD gehören Verhandlungen zum Kollektivvertrag inklusive der Gehaltsverhandlungen. Regelmäßig sitzen bei diesen Verhandlungen Repräsentant:innen beider Bundesvertretungen gemeinsam am Tisch. Bilden sich Arbeitsgruppen, so geschieht das nach spezifisch fachthematischen Kriterien. Eine Teilung in die beiden Personalgruppen findet niemals statt. Änderungen im Kollektivvertrag und insbesondere die Gehaltsabschlüsse werden gemeinsam verhandelt und beschlossen. Vermeintliche Interessensgegensätze treten in der Regel nur dann auf, wenn sie die Seite der Arbeitgeberinnen geschickt zu deren Vorteil instrumentalisiert. Alleine deshalb wäre es vernünftig, diese Bühne nicht bespielen zu lassen und die gemeinsame Interessenslage der eher künstlich als faktisch getrennten Personengruppen des Universitätspersonals durch eine strukturell lebensnahe Organisationsreform zueinander zu führen. Für eine Reihe weiterer Berufsgruppen sei dieser Ansatz beispielhaft empfohlen!
Stefan Schön
Pressesprecher der UGÖD