Große Veränderungen gelingen nur mit demokratischer Beteiligung aller Betroffenen auf allen Ebenen!
Sehr geehrte Frau Minister Gewessler,
Sehr geehrter Herr Minister Kocher,
Mit großer Aufmerksamkeit verfolgen wir Unabhängigen in den Gewerkschaften die Aktivitäten und Initiativen der Bundesregierung in der Begleitung und Gestaltung der unterschiedlichsten Transitionsprozesse, mit denen unsere Gesellschaft derzeit konfrontiert ist, ganz aktuell die Ausgestaltung des Umweltförderungsgesetzes.
Als Gewerkschaftsfraktion, die seit jeher im Zeichen von Umwelt- und Klimaschutz steht,
begrüßen wir besonders die umfangreiche Strategie und Vielfältigkeit der Maßnahmen und das Fördervolumen im Rahmen dieses Gesetzes.
Ebenfalls sehen wir es als sehr positiv, dass technische
und wirtschaftliche Expertise in allen Förderbereichen sehr wesentlich integriert ist. „Listen to the Science“ ist eine Forderung, hinter der wir voll und ganz stehen.
Als aktive Gewerkschafter:innen sehen wir es auch sehr positiv, dass im Vorfeld Gespräche mit den Sozialpartner:innen stattfanden, und dass diese auch Teil der Kommissionen sind.
Als aktive Interessenvertreter:innen von zahlreichen Arbeitnehmer:innen, die davon betroffen sein werden, sehen wir dennoch einen blinden Fleck: die Transformationsprozesse werden nirgends an begleitende Pläne und Maßnahmen gebunden, in denen
darauf geachtet wird, die Menschen mitzunehmen, die diesen Systemübergang mit ihrem Einsatz, ihrer Arbeitskraft, ihrem Fachwissen und ihrer Resilienz bewältigen müssen: und das werden alle
sein
– von den Kolleg:innen im öffentlichen Dienst, welche die Förderungen administrieren, bis zu den Kolleg:innen in der Organisation und Produktion der Unternehmen.
Als aktive Betriebsrät:innen und Personalvertreter:innen sind wir mit Veränderungsprozessen in unseren Wirkungsbereichen vertraut, haben bereits viele begleitet und sowohl unsere Kolleg:innen als auch unsere Betriebe und Dienststellen bestmöglich dabei unterstützt. Zuletzt in der Covid-Krise waren wir Garant:innen dafür, dass unsere Betriebe und alle öffentlichen Bereiche gemeinsam und ohne unser Zusammenleben zu gefährden gut durch diese Herausforderung gekommen sind.
Man hat gesehen, dass man sich auf uns verlassen kann: Die betriebliche Vertretung und
die Einbindung von anerkannten, weil demokratisch gewählten Vertreter:innen in Zeiten großer Veränderung ist unersetzlich.
Die Veränderungen werden groß und einschneidend sein.
Gerade hier auf die Vertrauensbasis vor Ort zu verzichten oder diese bewusst nicht zu nutzen, ist aus unserer Sicht ein grobes Versäumnis und völlig unverständlich.
Viele Beispiele zeigen, auch international, wie gut Projekte mit Beteiligung der
gewählten Vertretungen vor Ort funktionieren, weil diese die Praxis und die Betroffenen kennen.
Wir ersuchen Sie dringend, diesen Aspekt noch einmal zu überdenken!
Sie sind vermutlich gerade jetzt von Kolleg:innen umgeben, die schon bald vor vielen, neuen Herausforderungen stehen werden. Und Sie profitieren – so wie wir alle – täglich davon, dass unser Land gut funktioniert und die Menschen an ihren Arbeitsstätten zufrieden sind und damit zufrieden sind, dass sie von den politisch Verantwortlichen wahrgenommen und ernstgenommen werden.
Tragen Sie bitte dazu bei, dass das so bleibt, auch wenn die Herausforderungen steigen! Die Möglichkeiten sind vorhanden. Bauen Sie verbindliche Verpflichtungen ein auch auf die wirtschaftlichen und sozialen
Auswirkungen auf die betroffenen Arbeitnehmer:innen zu achten und binden Sie deren gewählte Vertretungen in die Prozesse ein!
Sie tragen damit nicht nur zum Erfolg Ihrer entwickelten Maßnahmen bei, sondern auch zur Akzeptanz politischer Prozesse allgemein und damit auch zur Stärkung des Vertrauens in die Demokratie in unserem Land.
Wir stehen jederzeit für Gespräche zur Verfügung und freuen uns auf einen Dialog auf Augenhöhe.
Mit besten Grüßen
Marion Polaschek (UG-Vorsitzende)
Für den Koordinationsausschuss der UG im ÖGB