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Offener Brief der UGÖD an Minister Johannes Rauch zur kritischen Personalsituation im Gesundheitsministerium

Titelbild: Offener Brief der UGÖD an BM Johannes Rauch

Ein aktueller Rechnungshofbericht zum Pandemie-Management zeigt u.a. den dringenden Personalbedarf im Ressort auf.


Sehr geehrter Herr Bundesminister Johannes Rauch, 

 

die UGöD im Gesundheits- und Sozialministerium darf Sie auf eine

äußerst kritische Personalsituation im Ressort wie folgt hinweisen:

 

 

Keine ausreichende Personalausstattung zur Bekämpfung der Pandemie

 

Der aktuelle Rechnungshofbericht zum Pandemiemanagement der Gesundheitsbehörden im ersten Jahr der COVID-19-Krise zeigt u.a. erhebliche Personalmängel im Ressort wie folgt auf: 

 

„Der Bund hatte die im Pandemiefall notwendigen organisatorischen Strukturen und personellen Voraussetzungen nicht sichergestellt. Ein Risikobericht vom Juni 2019 stufte die Personalausstattung in den Fachbereichen des Bereichs öffentlicher Gesundheit für den Fall einer Seuche im Humanbereich als hohes Risiko ein“
Quelle: Seite 8 des aktuellen Rechnungshofberichts

 

Die aktuelle Personalsituation reicht nicht für eine nachhaltige Krisenbewältigung

 

Die andauernde COVID-19-Krise, die sozialen Folgen der Klimakrise, steigende psychische Belastungssituationen und Krankheitsbilder, die aktuelle Energiekrise, enorm steigende Mieten und Lebenshaltungskosten bei stagnierenden Realeinkommen, die andauernde Pflegekrise, sind nur einige Bereiche, wo die Kolleginnen und Kollegen des Ressorts erheblich gefordert sind und unter einer enorm angespannten Personalsituation Großartiges leisten. Obig genannte Krisen werden jedoch nicht so rasch bewältigt werden können, da braucht es auch nachhaltige Personallösungen.

Der Rechnungshof weist im Zusammenhang weiterer Krisensituationen u.a. auf Folgendes in seinen Empfehlungen hin:

 

“Für eine effiziente Aufgabenwahrnehmung auch in künftigen Krisensituationen wäre ein nachhaltiges Personalmanagement (Personalrekrutierung, - entwicklung und -bindung) zu implementieren“

Quelle: Seite 87 des aktuellen Rechnungshofberichts

 

Herr Bundesminister Johannes Rauch, sorgen Sie rechtzeitig dafür, dass ausreichend und nachhaltig Personal für die aktuell umfangreichen krisenbedingten Aufgaben im Ressort zur Verfügung steht!

 

 

Ein Ende des Personaleinsparungs-Dogmas im öffentlichen Dienst ist dringend erforderlich

 

Während nun auch schon der Rechnungshof einen eklatanten Personalmangel im Ressort feststellte, wird trotz zahlreicher Krisen und Herausforderungen weitgehend noch immer am nun schon seit mehr als zwei Jahrzehnten praktizierten Personaleinsparungs-Dogma im öffentlichen Dienst festgehalten. So werden auf der aktuellen Homepage des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport die seit Jahren stattfindenden Personaleinsparungen im öffentlichen Dienst und entsprechende Management-Tools wie folgt „bejubelt“:

 

„Der Personalstand des Bundes konnte in den vergangenen Jahren deutlich reduziert werden. Seit 1999 ist der Personalstand des Bundes um insgesamt 30.651 Bedienstete gesunken (...). Die Vorgangsweise der Personaleinsparung besteht in der Formulierung von Zielwerten je Ressort. Um die Zielerreichung zu beobachten und bei unerwünschten Entwicklungen rechtzeitig gegensteuern zu können, wurde ein begleitendes Personalcontrolling eingerichtet.“
Quelle

 

Auch wenn gemäß Ministerratsvortrag vom 14.10.20
eine etwas geänderte Aufnahmepolitik für die Jahre 2021-2024 in ausgesuchten Bereichen vorgesehen ist (u.a. auch geringfügig im Gesundheitsbereich), wird somit grundsätzlich weiterhin am Personaleinsparungs-Dogma im öffentlichen Dienst festgehalten. Durch das „Kaputtsparen“ des öffentlichen Dienstes seit Jahrzehnten ist dessen notwendige Funktionalität in wesentlichen Bereichen gefährdet. Hier bedarf es eines dringenden Paradigmenwandels in der Personalpolitik des Bundes.

 

Nur so kann der seit Jahren herrschende chronische Personalmangel in vielen Bereichen des Ressorts nachhaltig saniert werden.

 

 

Provisorische, flexible „Lösungsansätze“ durch Verträge außerhalb des Ressort-spezifischen Stellenplans

 

Im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wie auch in anderen Ressorts werden angesichts steigender Herausforderungen und bestehender Personaleinsparungs-Vorgaben „Strategien“ wie folgt entwickelt:


Zur Abdeckung des steigenden, u.a. Krisen-bedingten Personalbedarfs werden umfangreich Verwaltungspraktikant:innen herangezogen sowie verstärkt Sonderverträge, u.a. Arbeitskräfteüberlassungsverträge außerhalb des Ressort-spezifischen Stellenplans abgeschlossen. Daran zeigen sich zum einen die realitätsfernen permanenten Personaleinsparungs-Vorgaben im Bundesdienst, welche offenkundig erheblich isoliert von aktuellen Krisen und Herausforderungen weiterhin aufrecht bleiben.


Zum anderen nutzen die Führungskräfte des Ressorts diese Sonderverträge verstärkt für einen erheblich flexiblen Personaleinsatz mit mehr oder weniger starker Einbindung der bestehenden Personalvertretung.

 

Steigende Arbeitsverdichtung und Überlastung des Personals

 

Trotz obig aufgezeigter „Lösungsansätze“ im Kontext von Personalknappheit kommt es angesichts enorm steigender Arbeitsverdichtungen vermehrt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Burn-out bei Kolleginnen/Kollegen.

 

Einerseits gibt es zahlreiche PR-Kampagnen zur Bekämpfung von Burn-out, andererseits sieht man im eigenen Verantwortungsbereich des öffentlichen Dienstes ruhigen Auges zu, dass immer weniger Bedienstete angesichts steigender Herausforderungen immer mehr Aufgaben erledigen müssen.

 

Die unabhängigen Gewerkschafter:innen im öffentlichen Dienst (UGöD) im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz fordern daher:

  • eine Abkehr von simplen, teilweise ideologisch verbrämten und von realen Entwicklungen und Notwendigkeiten erheblich abgekoppelten Personaleinsparungsvorgaben im öffentlichen Dienst
  • umfangreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Personalsituation im Ressort (u.a. Aufstockung des Personalstandes, Umwandlung von Sonderverträgen etc. in Planstellen-spezifische Arbeitsplätze usw.)
  • die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Altersteilzeit für Beamte und Vertragsbedienstete im Bundesdienst
  • die Einführung der 35-Stundenwoche bei vollem Entgeltausgleich.

 

 

Mit gewerkschaftlichen Grüßen

 

Harald Fugger

 

UGöD im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
Mobil: +43 664 245 3293
harald.fugger@sozialministerium.at

 

 

 

 



Quelle:

 

APA-Pressetext der UGÖD vom 20. Juli 2022