Gut so.
Ein großes Aufgebot politischer Provenienz begleitete die feierliche Eröffnung mit Wolfgang Katzian als frischgewählten Präsidenten des europäischen Gewerkschaftsbundes. Er vermied es elegant, seinen persönlichen Erfolg in den Mittelpunkt seiner Rede zu stellen – das überließ er später der EGB-Generalsekretärin Esther Lynch – und kam für Österreich gleich zur Sache. Sein historischer Rückblick umspannte die fünf Jahre seit dem letzten ÖGB Kongress 2018, das Jahr, in dem der 12-Stunden-Tag gesetzlich eingeführt wurde, eine gesetzliche Regelung, der innerbetrieblich mit Kollektivverträgen weitgehend die „Zähne gezogen“ wurden. Keine zwei Jahre später geriet die Republik in einen Dauerkrisenmodus mit Pandemie, Krieg, Inflation, Polarisierungen und Fragmentierungen, in dem wir gelernt haben, dass sich Krisen gegenseitig verstärken und den Populisten und autoritären Staatenlenkern Tür und Tor öffneten, um mit deren Wirkmacht die Welt noch ungerechter zu machen. Während man sich auf die Regulierung der Märkte nicht verlassen konnte, wurde die systemrelevante Arbeit vieler Menschen im Dunkeln zunächst beklatscht, bald jedoch wieder vergessen. Die Sozialpartnerschaft etablierte sich in der Krise als verlässliche Stütze zur Bewältigung. Arbeitsplätze konnten durch die Kurzarbeit gesichert werden und der Generalkollektivvertrag wurde angepasst. Es zeigte sich, dass Dialog auf Augenhöhe, Handschlagsqualität und Respekt zu jenen Tugenden zählen, mit welchen sich Sozialpartner laufend beweisen müssen. Herbe Kritik übte Katzian am Scheitern der Regierung in Sachen Inflationsbekämpfung. Das Unterbleiben erforderlicher Eingriffe in den Markt hätte die aktuell hohe Inflation mitverursacht. Deshalb führe kein Weg daran vorbei, dass die Lohnabschlüsse hoch bleiben müssen. Der von verschiedenen Seiten geforderten Zurückhaltung erklärte er eine klare Absage. Die Löhne müssen den Preisen folgen, es braucht hohe Kollektivvertrags-Lohnabschlüsse um die Kaufkraft zu erhalten, Zurückhaltung sei nicht angebracht und der Kampf wird fortgesetzt. Es geht um die Weichenstellungen für die Zukunft und um Werte, die wir nicht suchen müssen, weil unsere Vorfahren unter Einsatz ihres Lebens dafür gekämpft haben. Es geht dabei um Versammlungs- und Streikrecht, Solidarität, Gerechtigkeit, faire Löhne, gute Arbeitsbedingungen und schließlich um Demokratie, die aus mehr besteht, als nur zu wählen und die nicht vor den Betriebseingängen haltmachen darf.
Gewerkschaft und Demokratie sind untrennbar miteinander verbunden und der Kampf gegen die extreme Rechte, die eine Bedrohung der Grundprinzipien der Demokratie darstellt, muss geführt werden.
Kein gutes Haar ließ Katzian an der Reform der Sozialversicherung: Dort sollen ausschließlich Vertreter:innen der Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen vertreten sein. Dies sei sicher zu stellen. An die Adresse des Arbeitsministers richtete Katzian die Forderung, das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation zu ratifizieren. Es müsse gegen Lohndumping gekämpft werden, in der EU seien weitere Schritte zur Verwirklichung der Sozialunion zu setzen – die EU Mindestlohnrichtlinie wäre ein gutes Beispiel – und gesicherte Arbeitsverhältnisse, sowie gute Bildung gelte es umzusetzen.
Das alles wird gelingen, wenn man auf Augenhöhe mit uns spricht.
Wir sind die Guten.
Stefan Schön
UGÖD Pressesprecher