Warum stehen ausgerechnet soziale Einrichtungen der Wohlfahrt auf der schwarzen Liste so vieler neoliberaler Think Tanks?

Weniger Staat?
Wir, die UGÖD, beschäftigen uns intensiv mit den Schwierigkeiten und Nöten der Menschen in der Arbeitswelt und fordern verantwortungsvolle Sozialpolitik ein. Die sachliche Auseinandersetzung mit diesen Themen erfordert unserer Meinung nach den Blick über den Tellerrand. Deshalb wollen wir wissen, warum ausgerechnet soziale Einrichtungen der Wohlfahrt, wie sie sich etwa in den Lohnnebenkosten darstellen oder sogar Weiterbildungsförderung, wie z. B. die Einrichtung der Bildungskarenz, auf der schwarzen Liste so vieler neoliberaler Think Tanks stehen. Wir fanden Erstaunliches:
Die Agenda Austria engagiert sich für eine bessere Zukunft der Menschen in Österreich und vertritt unter dem Untertitel „Weniger Staat und mehr Eigenverantwortung“ folgende Thesen:
„Wäre es nicht besser, wenn der Staat den Leuten mehr von ihrem selbst verdienten Geld überließe und diese eigenverantwortlich entscheiden können, welche Risiken sie eingehen wollen? Hochwasserschäden kann jeder, der im Hochwassergebiet lebt, selbst versichern. Dasselbe gilt für die Ernteausfälle der Landwirte. Wer das Kind von den Großeltern betreuen lassen will, muss dafür keinen Obolus von der Gesellschaft einfordern. Will die Regierung, dass wir häufiger zum Schuhmacher gehen, muss sie nur die Steuern auf dessen Tätigkeit sowie auf die Arbeitsleistung des Kunden senken.“
Abgesehen von dem letzten Gleichnis mit dem Schuhmacher samt Steuersenkung auf die Arbeitsleistung des Kunden, wo punkto Ratio noch nachgebessert werden müsste, erinnert das alles ein wenig an die These der „Revolution der gebenden Hand“, mit der der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk von der schamhaften „Sozialen Marktwirtschaft“ die „rechtlich gezügelte Staats-Kleptokratie“ ableitet, die selbst vor der Plünderung der natürlichen Lebensgrundlagen der künftigen Generationen nicht Halt mache. Vielleicht ist der Slogan „Weniger Staat und mehr Eigenverantwortung“ der Agenda Austria sogar wirklich der Vorbote von Steuerverweigerung.
Hingegen ist Tatsache, dass sich Gewerkschafter:innen – besonders die unabhängigen (!) – dem Gedanken solidarischen Risikoausgleichs auf dem Boden des Wohlfahrtsstaates verbunden fühlen und weder Hochwasseropfer, noch Landwirte, noch berufstätige Mütter und auch nicht Menschen mit schlechten Schuhen im Stich lassen möchten, verbunden mit einer Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen und einer nach wirtschaftlichem Fortschritt.
Die Aufgabe der Budgetsanierung bietet die große Chance, über Interessenausgleich in der Arbeitswelt und solidarischen Ausgleich nachzudenken. Mit der verbissenen Strategie, die Arbeitskosten niedrig und die Nachfrage hoch halten zu wollen, geht gar nichts, schon gar nicht unter dem Deckmantel von Eigenverantwortung.
Liebe Regierende! Lasst eure besten Köpfe an die Oberfläche kommen und zeigt, was auf dem demokratischen Boden unseres Parlaments möglich ist!
Stefan Schön, Pressesprecher