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Im Dschungel des universitären Dienstrechts

Ein Stapel Akten

Die Kollektivvertragsverhandlungen für die Universitäten: Eine unrunde Geschichte

 

Analysen zu den Erfahrungswerten aus Gehaltsverhandlungen der letzten Jahre für das Universitätspersonal müssen vor dem Hintergrund der schrittweisen Ablösung vom öffentlichen Dienstrecht hin zum Regime des privaten Arbeitsrechts für das gesamte Universitätspersonal erfolgen. Denn bis zum heutigen Tag forschen und lehren noch immer vom Bund zugewiesene beamtete Universitätsprofessor:innen einerseits und Vertragsbedienstete als Arbeitnehmer:innen der jeweiligen Universitäten andererseits, für die das Vertragsbedienstetengesetz als Inhalt des Arbeitsvertrags definiert wird. Beide Gruppen werden von Jahr zu Jahr deutlich kleiner, aber es gibt sie noch. Solange das der Fall ist, sind zwei komplett unterschiedliche Arten von Systemen der Entlohnungsregeln und -schemata mit unterschiedlichen Lebensverdienstkurven und verschiedenen Rahmenbedingungen auf das in der alltäglichen Praxis eigentlich ziemlich homogen in Erscheinung tretende Universitätspersonal anzuwenden. Der skizzierte Systemunterschied fällt bei den alljährlichen Verhandlungsrunden zu den Gehaltsanpassungen besonders auf: Für die Vertragsbediensteten und Beamteten gilt der Bundesabschluss für den öffentlichen Dienst, während die Gehaltssteigerungen für die Kollektivvertragsbediensteten zwischen dem Dachverband der Universitäten und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst auszuverhandeln sind. Jedes Jahr spitzt sich der Verhandlungsgalopp auf die Frage zu, ob den dem Kollektivvertrag unterliegenden Mitarbeiter:innen eine ähnlich hohe inflationsbedingte Valorisierung gewährt wird, wie jenen Kolleg:innen, die den öffentlich-rechtlichen Regeln zuzuordnen sind.

 

Doppelte Benachteiligung für KV Personal der ausgegliederten Universitäten

 

Hinter dieser formalen Unterscheidung verbirgt sich das gehaltsmäßig äußerst relevante Faktum, dass automatische Gehaltssteigerungen im öffentlichen Dienst im 2-Jahres-Rhythmus (Biennalsprünge) stattfinden, während der Kollektivvertrag nur achtjährige (Ausnahme Professor:innen: sechsjährige) Gehaltssteigerungen vorsieht. Schließen also die Mitarbeiter:innen des öffentlichen Dienstes auch bei den Valorisierungsergebnissen besser ab, als die über den Kollektivvertrag zu Entlohnenden, so sind letztere doppelt benachteiligt. Diese Situation hat sich in den letzten Jahren etabliert, wenn auch in Dezimalbereichen. Im Rückblick auf die letzten zehn Jahre und in der Vorausschau auf die nahe Zukunft, wird uns als KV-Verhandler:innen dieses Thema noch eine Weile begleiten. Auf Seiten der Arbeitgeberinnen, der Universitäten, steht es erwartungsgemäß nicht im Vordergrund, vielmehr ist es die Budgetsituation an den einzelnen Universitäten, die ins Spiel gebracht wird, um nachzuweisen, dass Gehaltsanpassungen in der Höhe des öffentlichen Dienstes nicht möglich seien. Das geht bis zur unverhohlenen Drohung, dass eine Rechtspflicht zur Gehaltsvalorisierung nicht bestehe. Und in der Praxis passiert es jedes Jahr, dass jene Universität das Maß der Gehaltsvalorisierung bestimmt, die budgetär am schlechtesten aufgestellt ist.

 

Einstimmig zum Nachteil des Personals

 

Dieses Prinzip wird dadurch kultiviert, dass sich der Dachverband der Universitäten einem Einstimmigkeitsprinzip verpflichtet fühlt, das nirgendwo normiert ist. Das Instrument eignet sich auch hervorragend, um die endgültige Validierung einer Einigung bis über den Jahreswechsel hinauszuzögern, mit ein Grund, warum die erhöhten Gehaltsansätze erst ab dem 1. Februar und nicht am 1. Jänner in Kraft treten.

 

„Sozial“ auf Kosten langdienender Arbeitskräfte?

 

Noch ein Wort zu den sozialen Gehaltsabschlüssen: Diese wären im universitären Bereich nicht so absurd, wie es scheinen mag, in Wirklichkeit aber kamen und kommen sie aus einem anderen Grund zu Stande, denn höhere Prozentsätze sehen auf dem Papier gut aus. Sie werden jedoch enorm dadurch konterkariert, dass – wie im letzten Jahr – starre Höchstbeträge vereinbart werden, welche zu einer Benachteiligung höherer Gehaltsgruppen des Kollektivvertrags bis hin zur Unterschreitung der rollierenden Inflationsabgeltung führen. In der Praxis spielte das in vergangenen Jahren eine relativ geringe Rolle, weil der Kollektivvertrag erst 2009 in Kraft trat und die hohen Gehaltsstufen von den Betroffenen wegen der vorhin erwähnten sechs- bzw. achtjährigen Wartezeiten erst nach und nach erreicht werden. Für die Arbeitnehmer:innenseite wird es in Zukunft jedoch eine zentrale Aufgabe sein, solche Benachteiligungen zu vermeiden und Schieflagen zu verhindern.

 

Budget fürs große Ganze

 

Vor dem Jahr 2023 standen wir vor der einmaligen Herausforderung, dass das Universitätsbudget auf noch nie zuvor provozierte Art und Weise unterdotiert war, der Budgetvoranschlag somit weder Energie- und Erhaltungskosten, noch die Personalkosten decken konnte. Die Regierung ging uneinsichtig und sturen Blicks in den offenen Konflikt, wodurch sich für die Anliegen der Personalvertretungen unerwartete Möglichkeiten für Koalitionen ergaben. Ob das angemessen und notwendig ist, sei dahingestellt. Offensichtlich sollte die Probe aufs Exempel statuiert werden, ob Personal an den Universitäten zum Arbeitskampf fähig ist. Die Antwort lautet „Ja“ und liefert das Ergebnis, dass erstmals seit vielen Jahren der Gehaltsabschluss nominell im Ausmaß jenes des öffentlichen Dienstes ausfällt. Was sich die Seite der Arbeitgeber:innen durch das „Spiel mit dem Feuer“ eingehandelt hat, ist der freie Blick auf die Substanz. Sie besteht darin, dass die Gehaltsschemata insbesondere im internationalen Vergleich unattraktiv sind, dass an Österreichs Universitäten Überzahlungen zu den Kollektivvertragsgehältern generell bescheiden ausfallen und dass mit Blick auf die Lebensverdienstkurven kein Lohnanreiz vorhanden ist und somit keine Nachwuchsförderung gelingt. Die Universitäten werden so nicht im Stande sein, auf die Pensionierungswelle mit einem offensiven Recruiting von hochqualifiziertem Personal zu antworten. Sie können das seriöser Weise nur mit einer garantierten Budgetdeckung und nicht mit der aktuell lancierten Lösung einer Lockerung der Bilanzierungsvorgaben verbunden mit der Möglichkeit, die Budgets zu überziehen. Statt Budgettricks wäre dringend das Bekenntnis zu einer ordentlichen Ausfinanzierung des tertiären Bildungsbereichs notwendig und genau das wurde im Budgetvoranschlag für 2023 versäumt.

 

Stefan Schön

Pressesprecher UGÖD und ULV