Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten
Die Gruppe Ballhausplatz (GBHP) – Die Unabhängigen – UG hat am 29. November 2023 die vielfach ausgezeichnete österreichische Autorin Milena Michiko Flašar zu einer exklusiven Lesung für die Mitarbeiter:innen des Außenministeriums eingeladen. Die beliebte Autorin las aus ihrem im Februar 2023 neu veröffentlichten Buch: Oben Erde, unten Himmel (2023, Verlag Klaus Wagenbach). Moderiert wurde die Lesung durch die Mandatarin der GBHP Birgit Gschier. Sie führte das Gespräch mit der Autorin vor einem literaturbegeisterten Publikum.
Zu Anfang rezitierte Milena Michiko Flašar das in den 1930er Jahren posthum veröffentlichte Gedicht des japanischen Lyrikers Miyazawa Kenji in deutscher Übersetzung (welche unveröffentlicht ist) und trug auch eine Gedichtzeile in der japanischen Originalsprache des Dichters vor. Dieses Gedicht hat Milena Michiko Flašar als Motto an den Beginn ihres Buches gestellt:
… Wenn im Süden ein Mensch im Sterben liegt,
hingehen und sagen,
er braucht keine Angst zu haben…“.
Todesfälle von sozial isolierten Personen in einer japanischen Großstadt, die erst nach längerer Zeit aufgefunden werden, sind das Thema des Buches.
Die Autorin erzählt von Lebensgeschichten der einsam Verstorbenen. Entlang der vier Jahreszeiten läuft die lyrisch aufgebaute Handlung. Einsamkeit ist das wiederkehrende Leitmotiv des Buches. Dafür gibt es ein eigenes Wort in der japanischen Sprache: kodokushi (kodok = Tod; kush = einsam). Die 25jährige Hauptfigur des Romans Suzu wechselt ihren Job und beginnt in einer Zeit der persönlichen Krisen als Leichenfundortreinigerin bei dem äußerst charismatischen Herrn Sakai zu arbeiten. Der Tod ist ein Geschäft. Rituale nehmen Suzu und ihren Arbeitskolleg:innen die Angst vor den Toten und deren verlassene Wohnungen.
Mit poetischen Bildern erinnert Milena Michiko Flašar an die Lebensgeschichten der zuletzt ganz auf sich gestellten Menschen. Die meisten wollten einfach auch niemanden mehr zur Last fallen. Diese durch die österreichische Autorin sehr eindringlich geschilderte Einsamkeit erinnert mehrfach im Buch an Tagebucheintragungen des großen Einsamen der österreichischen Literatur, an Franz Kafka: Juli 1913, „Die Angst vor der Verbindung, dem Hinüberfließen. Dann bin ich nicht mehr allein…. Der Wunsch nach besinnungsloser Einsamkeit. Nur mir gegenübergestellt sein.“
In mehreren Abschnitten hat die Autorin aus dem Buch gelesen und dazwischen immer wieder Fragen aus dem Publikum beantwortet. Dabei hat dem Publikum die Klarheit ihrer Sprache und ihr befreiender Humor auch bei diesem schweren Thema sehr gefallen. Stefan Gmünder, Literaturkritiker des STANDARD schrieb einmal über Milena Michiko Flašar: Der Blick der Autorin ist stets sanft, diskret und nie humorlos.
Nach der ca. einstündigen Lesung hat die Autorin für die Teilnehmer:innen Bücher signiert und sich mit den Anwesenden informell beim Buffet ausgetauscht. Die Veranstaltung dauerte insgesamt fast 2 Stunden.