Ein Versuch der Erklärung abseits (fast) jeglicher Polemik aus betriebsrätlicher und gewerkschaftlicher Sicht
DAS beherrschende politische Thema der letzten Wochen und Monate war der sogenannte „12-Stunden-Tag“. Etwas sachlicher betrachtet, würde man es besser die „Novellierung des Arbeitszeitgesetzes“ nennen. Aber, leider ist man von Sachlichkeit in der politischen Auseinandersetzung schon seit längerer Zeit weit entfernt. Egal um welches Thema es geht, es wird nur polemisch und abwertend agiert. Es würde den Rahmen sprengen, jetzt über das Henne-Ei-Problem zu diskutieren, wer denn mit der Entfremdung von der Sachlichkeit begonnen hat. Wagen wir den Versuch, uns abseits von Polemik an dieses brisante, höchst emotionalisierende Thema heranzutasten.
Bisher: 12h-Arbeitstage nur mit Zustimmung des Betriebsrates
12 Stunden pro Tag bzw. 60 Stunden die Woche zu arbeiten war auch bisher möglich, unter ganz bestimmten Voraussetzungen. In Betrieben mit Betriebsrat hatte sich die Firmenleitung mit eben jenem ins Einvernehmen zu setzen um diese Ausweitung auch umzusetzen. Gibt es keinen Betriebsrat, dann war eine arbeitsmedizinische Unbedenklichkeitserklärung einzuholen.
Diese Mitwirkungspflicht des Betriebsrates wurde im „Arbeitszeitgesetz (AZG) Neu“ zur Gänze gestrichen.
„Macht der Betriebsräte zurückdrängen“
Dies war auch ganz klar die Intention der Novellierung, wie der Klubobmann der FPÖ im Nationalrat ganz freimütig erklärte:
Die Macht der BetriebsrätInnen zurück zu drängen und den ArbeitnehmerInnen die „Freiheit“ zu geben, selbst zu entscheiden. Diese „Freiwilligkeitsgarantie“ wurde sogar im Gesetz verankert.
„Freiwilligkeitsgarantie“?
Doch wieviel ist diese „Freiwilligkeitsgarantie“ wert? Öffentliche DienstgeberInnen sind meist bestrebt, sich an die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu halten. Besonders für das allgemeine Personal an den Universitäten kann also eher ausgeschlossen werden, hier unter Druck seitens der Vorgesetzten zu geraten, „unfreiwillig freiwillig“ Überstunden leisten zu müssen.
In der Privatwirtschaft jedoch sieht die Sache schon anders aus. Da macht einE MitarbeiterIn so ein-, zweimal keine „freiwilligen“ Überstunden, und der Arbeitsplatz ist in Gefahr.
„In Augenhöhe“ mit Chefs?
Die Argumentation der Regierung, dass man heute ja in den Betrieben auf Augenhöhe mit den ChefInnen verhandelt, entspringt maximal der eventuell eigenen Erfahrung der Regierungsmitglieder, aufgrund der höheren Ausbildung in einer besseren Verhandlungsposition gewesen zu sein. Betrachtet man allerdings die Lebensläufe der Regierungsmitglieder, dann kann das aber auch zu einem Großteil ausgeschlossen werden, waren und sind doch ein Großteil von ihnen immer in politischen Funktionen tätig.
Gefahr: Totalausnahmen auch für kleine MitarbeiterInnen
Ein weiterer bedenklicher und aus betriebsrätlicher und gewerkschaftlicher Sicht absolut abzulehnender Punkt ist die Ausweitung der Totalausnahmen aus dem AZG. Die gab es schon immer, vor allem für Personen in absoluten Spitzenpositionen in Betrieben, bei denen man annahm, dass sie ihre Arbeitszeit sehr wohl aus einer starken DienstnehmerInnenpostion heraus selbst gestalten können. Diese Totalausnahmen wurden bis auf die dritte Führungsebene ausgeweitet. Das würde zum Beispiel an der Johannes Kepler Universität in größeren Organisationseinheiten, wie etwa der Abteilung Gebäude und Technik heißen, dass bis zu den Bereichsleitern/innen diese Totalausnahme besteht - (OM – Abt-Leit. – Ber-Leit) - in kleineren Organisationseinheiten sogar noch weiter hierarchisch nach unten.
Was bedeutet das Inkrafttreten der Novellierung vom AZG nun z.B. für das Universitätspersonal? Im Moment noch nichts, da wir noch durch die kollektivvertragliche Regelung geschützt sind. Dass dies höchstwahrscheinlich in der „Verhandlungsmasse“ für den KV 2019 Thema sein wird, leuchtet ein.
Arbeitsrechtlicher Schutz ausgehebelt
„Zwischen dem Schwachen und dem Starken
ist es die Freiheit, die unterdrückt,
und das Gesetz, das befreit“
(Jean Jacques Rousseau)
Arbeitsrechtliche Normen haben meist den Schutz des Schwächeren im Sinn. Das wurde mit dem „AZG neu“ komplett ausgehebelt. Gerade aus diesem Grund ist es nun umso wichtiger starke
Interessenvertretungen zu haben, die durch ihre Mitgliederstärke auch eine beträchtliche Verhandlungsmacht besitzen! Es gibt keine bessere Motivation, als JETZT
Gewerkschaftsmitglied zu werden! Join the Union to change the Union!
Das meint
euer
Betriebsrat für das allgemeine Universitätspersonal,
stellvertretender Betriebsratsvorsitzender
Johannes Kepler Universität, Abt. GuT
Altenbergerstrasse 69, 4040 Linz
+43 / 732 / 24 68 - 52 05
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