
Ausblick Mitte Februar – Wir gestalten die Zukunft
„Es gibt durchaus noch Varianten des Regierens, die wir innerhalb des Verfassungsbogens noch nie hatten“, haben wir in unserem Ausblick Mitte Jänner geschrieben und schon ist es Mitte Februar so weit. Der Bundespräsident referiert mit sachlicher Nüchternheit, welche Möglichkeiten ihm die Verfassung noch bietet, nachdem fast alle Parteien durch sind und keine Kompromisse oder Lösungsansätze gefunden werden konnten.
Nur, wenn wir inhaltlich genau hinschauen, worüber hier heftig verhandelt, aber nichts erreicht wurde, dann offenbaren sich uns Schwäche, Feigheit, Verantwortungslosigkeit, Inkompetenz, Selbstherrlichkeit und Arroganz.
Bürgerliche Resilienz und ihre Grenzen
Wochenlang wurden wir, die Bürgerinnen und Bürger, getestet, was wir auszuhalten bereit wären. Wegfall der Bildungskarenz schien noch
verdaulich, Wegfall des Klimabonus als exotisches Gewürz verkraftbar, aber bei den Pensionen holten sich einige aus den Verhandlungsteams die ersten Wundblasen.
Was sollte noch kommen? Was stand uns ins Haus, außer den Energiekosten?
Kurze Erinnerungsübung: Pandemie, Krieg, Sanktionen gegen Russland, Geheimvertrag OMV, Inflation und Gaspreise trieben Österreichs
Haushalte an den Rand ihrer Existenz, vorübergehende Preisbremse, Beruhigungspillen (Inflation sinkt, alles wird besser), Schock: Netz- und Gaspreise steigen wieder, etc. Irgendein Gedanke an
Wiedergutmachung? Njet! Dafür aber Schadenersatz an Bürger und Unternehmen (sic!), die „durch die Covid-Gesetzgebung“ geschädigt wurden. Hat hier jemand versehentlich veterinärmedizinische
Präparate eingenommen, oder haben wir ein fundamentales Qualitätsproblem in den Reihen der wahlwerbenden Gruppen für die Nationalratswahlen?
Wir hätten PISA-Tests für die Kandidat:innen als Einstiegshürde für das passive Wahlrecht gebraucht, oder zumindest Hearings samt IQ Tests für das Visum ins Parlament. Wer z. B. hat sich etwas, und wenn ja, was, dabei gedacht, bei folgender Forderung: Senkung der Lohnnebenkosten schrittweise um 3,2%, schamhaft gefolgt vom Klammerausdruck „(FLAF-Finanzierung aus dem Budget)“. Das bedeutet, dass der Entfall der Arbeitgeberbeiträge für den Familienlastenausgleich vom Bundesbudget übernommen werden soll. Wolltet ihr nicht das 6 Milliarden Budgetloch sanieren? Liebe ÖVP!! Der Familienlastenausgleichsfonds wurde 1968 (!) während der ÖVP Alleinregierung als „Drei-Generationen-Vertrag“ geschaffen, die Geburtsstunde der Familienbeihilfe! Familie!! Das war euer Metier, eure Klientel, euer Selbstverständnis!!! Könnt ihr euch noch erinnern??
Wer eignet sich?
Wir ernten heute die jahrelange Misere unserer Bildungspolitik. Markenzeichen Studienabbrecher immerhin für den Kanzler, ansonsten muss die Ausbildung an den sogenannten Parteiakademien ausreichen, welche die Meisterschaft im Aneinanderreihen von ehrrührigen und verletzenden Worthülsen vermitteln. Demgegenüber braucht es ein alternatives Modell:
Expert:innen mit Weitblick, Verantwortungsgefühl und Charakter. Extrem hilfreich wäre es in diesem Zusammenhang, wenn die vielzitierte
Berufserfahrung den sozialpartnerschaftlichen Bereich mitumfassen würde. Wer darin geübt ist, weiß was Verantwortung für andere bedeutet und wie ausgleichende Kompromissfähigkeit und
Diskursbereitschaft zu besseren Ergebnissen führen kann, als würde man selbst nur das durchsetzen, was man alleine für richtig hält.
Um es auf die Regierungsebene zu bringen: In der Gemengelage von Expert:innen-, Minderheits- bzw. Konzentrationsregierung liegt aktuell die Lösung, aber nicht weil sich das jemand stur so einbilden würde, sondern weil es mittlerweile nicht mehr anders geht.
Stefan Schön, Pressesprecher