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Kolumne

Notenblatt - Beethoven 9. Symphonie - Seid umschlungen 4 Takte

In guter Gesellschaft?

Die neue Regierung in spe will die Bildungskarenz abschaffen und 350 Mill. Euro Budgetmittel mit dieser Maßnahme einsparen.

 

Frage: Können wir uns das leisten, weil wir in Österreich ohnehin so gescheit sind?

 

Antwort: Nein, denn 29% unserer Bevölkerung kann maximal einfachste Leseaufgaben auf Kompetenzstufe 1 oder darunter lösen (OECD Studie). Man spricht hier von funktionalen Analphabeten.

 

Die Wirtschaftstreibenden fordern deutliche Kürzungen bei den Lohnnebenkosten, damit der Standort Österreich wieder konkurrenzfähig werde.

 

Frage: Kann man denn nicht einfach auf diese Kosten verzichten, wenn der Sozialstaat so gut aufgestellt ist?

 

Antwort: Nein, eben weil er sonst nicht mehr ausreichend finanziert werden könnte.

 

Frage: Wenn die wirtschaftliche Lage so schlecht ist, können wir dann nicht alle zusammenhalten und gemeinsam sparen, damit sich durch die freie, liberale Marktwirtschaft wieder alles einrenkt?

 

Antwort: Nein, wir sollten das nicht tun, denn die Fakten sind:

 

Der Einsparungsbedarf beträgt 6,4 Milliarden Euro und verfolgt primär den Zweck, ein europäisches Kontrollverfahren zu vermeiden. Dies nutzt hauptsächlich den politischen Entscheidungsträger:innen bei der Fortsetzung ihrer Klientelpolitik zugunsten des gewinnorientierten Unternehmertums. So sind während der Zeit der Pandemie auch zu Unrecht erfolgte Zuteilungen von Fördermitteln in Einzelfällen bis heute nicht zurückgezahlt worden. Selbst in Krisenzeiten verbuchten viele Unternehmen Milliardengewinne, während die inflationären Belastungen auf dem Rücken der Leistungsträger:innen geparkt wurden.

 

Allein im Jahr 2023 waren fast 23.000 Dienstnehmer:innen von Insolvenzen betroffen. In diesem Jahr erreichten die Passiva der Teilunternehmen des Imperiums Benko/Signa den Wert von 6,86 Milliarden Euro. Das Ergebnis für 2024 liegt noch nicht vor. Der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmers – sagt man – liegt im Vertrauen, das er seinen Geschäftspartnern gegenüber ausstrahlt. Nun, Rene Benko wurde 2014 in letzter Instanz vom OGH wegen des Verbrechens der verbotenen Intervention rechtskräftig verurteilt.

 

Das hat nicht jeder im Bewerbungsportfolio, aber wenn, dann hat er das Format dazu, einen volkswirtschaftlichen Schaden in der Höhe des Haushaltsdefizits des Landes anzurichten.

 

Warum wurde ein verurteilter Unternehmer von einem unserer Alt-Kanzler auf dem diplomatischen Parkett so gerne vorgeführt. Warum will sogar ein sozialdemokratischer Politiker bis heute so gerne mit ihm jagen gehen?

 

Warum hat man in aller Ruhe damals, 2023, zugesehen, als er ziemlich genau den Betrag versenkte, mit dem wir heute unseren Staatshaushalt sanieren müssten? Warum müssen ausgerechnet wir heute bzw. ab heuer die Rechnung zahlen?

 

Wir, die wir nur die Millionen sind. Seid umschlungen!

 

 

Stefan Schön, Pressesprecher